Das Fliegenfischen………..Gedanken über Himmel und  Hölle!

Komischerweise gibt es kaum eine andere Freizeitbeschäftigung, bei der Himmel und Hölle so nah beieinander sind. Das heute Geschehene kann der “Fliegenfischerhimmel“ sein und an einem anderen Tag für die gleiche Person die Hölle bedeuten. Umgekehrt ist es genau so. Eine Situation die man heute als Hölle verfluchen könnte kann an einem anderen Tag der Himmel bedeuten. Wie komme ich zu einer solchen Interpretation? Ich saß mit meinem Fliegenfischerfreund Werner und seinem Kollegen Heinz auf der Besucherterrasse des Flughafens Klagenfurt, weil wir auf den Check-In unseres Heimfluges nach Deutschland warteten. Nach einem schönen Fliegenfischerurlaub sollte es mit dem Flieger bald zurück nach Deutschland, genauer gesagt nach Köln-Bonn gehen.

Doch es war noch etwas Zeit und so ließen wir bei einem Bierchen die Erlebnisse der vergangenen Tage noch einmal Revue passieren.

Im Laufe des Gespräches bemerkte Werner:“ Wisst ihr was die Fliegenfischerhölle ist?“. Ich entgegnete: “Nein, aber das wirst Du uns sicher sagen.“ Er antwortete: “ Die Fliegenfischerhölle ist, wenn du an ein Gewässer kommst und egal was du machst oder was du anstellst……Du fängst einen Fisch nach dem anderen. Es gibt keine Herausforderung und die Fischerei artet eher in Arbeit aus!“Moment………hatten wir so eine Situation nicht schon einmal? Ich erinnerte mich an unseren letzten Urlaubstag im Vorjahr. Der krönende Abschluss sollte ein Angeltag an der Savinja in Slowenien sein.

Es wurde seinerzeit auch ein wahrhaft krönender Abschluss. Wir drei befischten damals einen großen Pool hinter dem Vereinsheim vom örtlichen Fischereiverein in Ljubno. An diesem Tag stimmten wohl alle Vorraussetzungen. Nach einer Schlechtwetterperiode mit einhergehendem Hochwasser hatten sich die äußeren Bedingungen stark gebessert. Der Luftdruck war gestiegen, es herrschte “Kaiserwetter“ und auch Wasser und Wasserstand hatten sich normalisiert. Einige Fische standen gut sichtbar knapp unter der Oberfläche….andere standen tiefer, nahe dem Grund des großen Gumpens, den irgendjemand mal “Chicken-Pool“ getauft hatte. Angeblich ist diese Stelle so Erfolg versprechend, weil dort die Schlachtabfälle der Fische beseitigt werden, die vom dortigen Vereinsheim entsorgt werden müssen. Bei unserer Ankunft war kein anderer Angler vor Ort, obwohl dieser Zug ansonsten sehr stark frequentiert wird. Unverzüglich  nahmen wir damals unsere Positionen  ein und fingen an zu fischen. Werner witterte den Braten und befischte die großen Forellen in Grundnähe mit einem Wooly-Bugger, Heinz versuchte sich mit Nassfliege und Nymphe und ich ging meiner Lieblingsmethode nach: Dem kurzweiligen und spannenden Trockenfliegenfischen. Was in den folgenden Stunden passierte kann sich keiner vorstellen. Jeder von uns fing Fisch auf Fisch. Egal welche Methode man praktizierte………die Fische waren wie außer Rand und Band. Nun gut…….Meine Exemplare hatten vielleicht nicht das Kaliber meiner Mitstreiter, aber wann fängt man auf Trockenfliege schon Bach- oder Regenbogenforellen jenseits der 35 Zentimeter bis hin zu einer Größe von 45 Zentimeter in einer solchen Menge? Auch der Wechsel auf einen Wooly-Bugger bescherte mir weiterhin Erfolg, wenn ich auch einige wirklich große Fische verlor. Als wir damals aufgrund der einbrechenden Dunkelheit den Angeltag beendeten, hatten wir  innerhalb von nur wenigen Stunden sicherlich um die fünfzig Forellen gefangen. Heinz hatte seinerzeit mit einer Black Zulu sogar eine 63er Regenbogenforelle für sich verbuchen können. Leider hatten wir, wie schon erwähnt durch Vorfachbruch auch die ein oder andere Großforelle verloren.

Mir klingen heute noch Werners Worte von damals in den Ohren: “So etwas hab ich ja noch nicht erlebt. Ich habe schon in Alaska sehr erfolgreich auf Lachs gefischt, war auch schon in Norwegen, aber das von heute ist das Beste, was ich je erleben durfte!“ Natürlich teilten wir ebenfalls uneingeschränkt seine Meinung. Das war ein Tag den man sein Leben lang nicht mehr vergisst!

Doch zurück zur Terrasse des Flughafenrestaurants: Heute beschrieb der gleiche Mensch einen solchen Umstand als “Fliegenfischerhölle“? Das war mit seinen Äußerungen von damals so gar nicht zu vereinbaren! Darüber musste ich erst einmal nachdenken

Mir fiel spontan eine andere Begebenheit von einer Tour zur kleinen Drau im diesjährigen Urlaub ein. Das Wetter war schön…..zu schön…..genau richtig für einen Badeurlaub, aber nicht geeignet um erfolgreich einer Fischwaid nachzugehen. Es herrschte eine fast unerträgliche Hitze. Die Sonne brannte vom Himmel herunter und sorgte dafür dass wir in unseren Watmonturen derart schweißnass wurden, als hätten wir durch einen unüberlegten Schritt ein Vollbad genommen. Während ich mich watend  flussauf bewegte erspähte ich plötzlich eine ca. 40 Zentimeter große Äsche am Grund des etwas mehr als knietiefen Wassers. Majestätisch stand sie in der Strömung des klaren Wassers und hatte offensichtlich keinen Verdacht geschöpft. Was tun? Vorsichtig watete ich wieder ein paar Meter flussab, um zum einen zu vermeiden dass sie mich bemerkte und andererseits um Raum für einen Wurf zu schaffen. Ich setzte also meine Adams Irresistible zielgenau vor ihr auf  und harrte der Dinge die da kahmen. Nichts……kein Interesse! Doch dann, ein paar Meter hinter ihr der ersehnte Ring. Ein weitaus kleineres Exemplar der Art Salmo trutta fario hatte die Fliege genommen und vollführte einen derartigen Tanz im Gewässer, dass ich fest damit gerechnet hatte, dass meine 40er Äsche auf Nimmerwiedersehen geflüchtet war. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Nach kurzer Zeit stand sie wieder an ihrem angestammten Platz. Nächster Versuch – nichts! Ein Fliegenwechsel sollte helfen. In der folgenden Zeit probierte ich Fliege auf Fliege: Hexe, eine kleine schwarze Ameise, eine Royal Wulff, wieder eine Adams Irresistible, dann ein Wechsel auf Nymphe. Inzwischen  hatte ich mich unbewußt bis auf wenige Meter dem Tier genähert. Für mich gut sichtbar ließ ich eine kleine Fasanenschwanznymphe auf sie zutreiben. Immerhin zeigte sie endlich ein erstes Interesse. Deutlich stieß sie in Richtung der vorbei treibenden Nymphe, nahm sie aber nicht wirklich. Die Prozedur wiederholte sich. Also wieder ein Wechsel! Eine Hasenohrgoldkopfnymphe sollte es nun richten. Wieder lies ich die Nymphe abtauchen um sie maulgerecht zu servieren. Nichts! Der Fisch stand inzwischen fast vor meinen Füssen.  Irgendwann, vielleicht nach 5 oder 7 Versuchen sah ich deutlich wie sie meine Nymphe inhalierte. Schnell setzte ich den Anhieb, doch er ging ins Leere. Lange Rede, kurzer Sinn…..ich verbrachte sicher eineinhalb oder zwei Stunden damit diesen Fisch zu bekommen. Selbstverständlich blieb der Erfolg aus. Aber ich hatte die Zeit genossen. Ich war seinerzeit eins mit der Natur und genoss die Stille und den Anblick meines “Gegners“. Ich sah dem Fisch in die Augen, konnte beobachten wie seine Kiemendeckel sich hoben und senkten und immer wenn eine meiner Fliegen sein Interesse geweckt hatte, schoss ein ordentlicher Schub Adrenalin durch meinen Körper. An diesem Tag sollte die Äsche dennoch als Sieger das Feld verlassen.

Nichts Nennenswertes fangen, trotz stundenlanger Bemühungen muss doch die Hölle für einen Fliegenfischer sein! Weit gefehlt! Ich habe diese Zeit ganz anders empfunden. Es war ein Duell im Einklang mit der Natur - Mann gegen Fisch! Das war auch eine Form von einem erlebten “Fliegenfischerhimmel“.

Ob wir einen Tag als himmlisch oder höllisch empfinden und entsprechend in Erinnerung behalten liegt sicher nicht am Fangerfolg, sondern obliegt einer “Einmaligkeit“ des Erlebten. Ein fischereilich anspruchsloser Hexensabbat nach einer Folge von erfolglosen Fischertage kann ebenso himmlisch sein, wie ein relativ erfolgloser Tag, an dem man etwas besonderes erlebt. Allein schon die Tatsache das eine “selbstgebundene“ das Interesse eines Fisches weckt kann zu einem unvergesslichen Erlebnis werden. Den Fang eines kleinen aber bildhübschen Fisches oder einer seltenen Spezies wird man wohl ebenso positiv in Erinnerung halten.

Letztendlich kommt es immer auf die Vorraussetzungen an, wie man was in Erinnerung behält bzw. im Nachhinein bewertet. Dennoch sei gesagt: Ein schlechter Angeltag ist immer noch besser wie ein guter Arbeitstag!

Sprich: Lieber die Fliegenfischerhölle erleben, wie einen Arbeitstag erfolgreich hinter sich zu lassen!

D.Henkes

 

 

Home

 

zurück